Sportlehrerverbände in der Rückschau

Die Geschichte des DSLV Bayern e.V.

Teil I:
60 Jahre DSLV -LV Bayern 25.10.1947 -25.10.2007

Text: Karl Bauer

„Das Wissen um die Vergangenheit ermöglicht ein konstruktives Angehen und Gestalten der Gegenwart und Zukunft.“ (Konfuzius)

Geschichte ermöglicht also, Entwicklungen eines Landes, einer Kultur nachzuvollziehen, die gegenwärtige Situation besser zu verstehen und für die Zukunft Konsequenzen zu ziehen. Dies gilt auch für eine verhältnismäßig kleine Institution wie den DSLV LV Bayern.

Bereits am 25.10.1947 kam es zur Gründung des „Bayerischen Sportlehrerverbands e. V.“. J. Schmidt als 1. Vorsitzender, E. Loy als sein Stellvertreter und G. Lansche als Schatzmeister standen an der Spitze dieser Keimzelle des heutigen Verbands. Zu den Schwerpunkten ihrer Arbeit zählten in dieser unsicheren Zeit neben der Interessensvertretung gegenüber Ämtern und Behörden auch der Versuch, für die aus der Gefangenschaft heimgekehrten Sportlehrer, für die Sportlehrer und Sportlehrerinnen aus den deutschen Ostgebieten sowie für Berufsanfänger und -anfänge­ rinnen eine Anlaufstation aufzubauen. Auszüge aus dem 1. RS des Verbandes vom 15.11. 1947 (von Frau Winkler aus dem Nachlass von Frau Dr. Winter als Kopie erhalten). Der Bayrische Sportlehrerverband stand immer in Kontakt mit dem :., Hochschulinstitut für Leibesübungen (HlfL) und der Bayer. Sportakademie (BSA) in Grünwald, die 1946 (Ausbildung der Sportlehrer im freien Beruf und 1949 die Ausbildung von Diplomsportlehrern) gegründet wurde.

Ein historischer Rückblick zeigt, dass 1828 als erste Sportinstitution in Bayern eine Turnanstalt von Ludwig I. auf dem Oberwiesenfeld gegründet wurde und der Berliner H. Ferdinand Maßmann, ein Anhänger Friedrich Ludwig Jahns, als Leiter der Turnanstalt nach München kam. Das Studium der Leibesübungen, damals Leibeserziehung genannt, ‚ war, von Preußen ausgehend, ab 1928 in Bayern möglich (1937/ 38 Turnphilologen-und Fachlehrerausbildung). Da 1944 alle Anlagen der Landesturnanstalt zerstört waren, wurde die Sportlehrerausbildung nach Steingaden verlegt. Teilnehmer der ersten Studentengruppe nach dem Krieg waren unter anderen Prof. Dr. Heinz Lutter, Heribert Lutter, OStD Walter Schmaus und die Ud. ADin Dr. Gertrude Krombholz. Die Ausbildung erfolgte 2 Semester in Steingaden, 4 Semester am HlfL in München, das Studium des Zweitfaches an der LMU München. Der Aufstieg der BSA ist eng mit seinem Leiter Dr. Otto Vogt 1948 -1971 verbunden. Zunächst galt, die Schwierigkeiten nach 1945, z.B. den Wiederaufbau von Übungsstätten, Hallen und Schwimmbädern, zu meistern und die BSA aufzubauen. 1949 folgte der Umzug nach München zum TV Laim und 1950 in die Sportschule Grünwald.

Dr. Otto Vogt förderte die Ausbildung der Sportlehrer und der freibe­ruflichen Fachsportlehrer, also der Ski-, Tennis-, Eislauflehrer, der Gymnastiklehrerinnen, der Schwimmlehrer und Schwimmmeister. Unter seiner Leitung wurden die Vorschriften und Prüfungsordnungen erarbeitet und beim Staatsministerium durchgesetzt. Auch war er Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Außerdem fanden in Grünwald die Sportlehrgänge für Lehrkräfte an Volksschulen und für Lehrkräfte für Handarbeit und Hauswirtschaft statt. Die Ausbildung von Fachlehrern Sport für die Volksschulen kam hinzu. Während dieser Zeit hat Dr. Otto Vogt als Mitglied unseres Landesverbands die Verbandsarbeit jahrelang begleitet und unterstützt. 1971 ging er in den Ruhestand und erhielt für seine Leistungen den Bayerischen Verdienstorden.

Nach den Olympischen Spielen in München wurden die BSA und das HlfL im Sportzentrum der TU München integriert. Dort kamen zur Sportlehrerausbildung die Sportpädagogik, -psychologie, -medizin und weitere Lehrstühle hinzu. 2002 wurden diese Gebiete als Sportwissenschaftliche Fakultät etabliert. 1962 vereinigten sich der „Bund deutscher Leibeserzieher“ und der „Verband deutscher Leibeserzieher“ zum „Bundesverband deutscher Leibeserzieher“ ,der sich später in „Deutscher Sportlehrerverband (DSLV) umbenannte. Dieser Institution schloss sich der „Bayerische Sportlehrerverband“ an. Vorsitzende des DSLV -LV Bayern waren ab 1962 Dr. Fritz Bach, der Vorsitzender der Gruppe der Leibeserzieher im bayerischen Philologenverband war und Hans Osel, der Präsident der Skilehrer war, als zweiter Vorsitzender im Landesverband. Nach dem Tod von Dr. Fritz Bach 1972 übernahm Rudi Mair den Vorsitz im Sportlehrerverband und Frau Sigi Meyer blieb Schatzmeisterin des Landesverbands. Dr. Otto Vogt war Ehrenvorsitzender des DSLV -LV Bayern. Auf Betreiben von Dr. Otto Vogt, Hans Osel, dem Präsidenten der Skilehrer, und Rudi Mair, zuständig für die Skilehrerausbildung und Seminarleiter in Augsburg, wurde Karl Bauer im Sept. 1973 zum 1. Vorsitzenden des DSLV -LV Bayern gewählt. In diesem Amt ist er seit 35 Jahren tätig.

Die größten Erschütterungen in seiner Geschichte musste der Landesverband Bayern, dem ja ursprünglich Sportlehrerinnen und Sportlehrer aller Sparten angehörten, auch die Lehrkräfte anderer Bundesländer, in den Jahren 1974 1988 verkraften. Auch mit Unterstützung durch den Vorsitzenden der Fachsportlehrer. im Bundesverband, Rochus Reiter, traten die Skilehrer, die mit 1000 Mitgliedern die stärkste Gruppe im Landesverband Bayern bildeten, aus dem DSLV -LV Bayern aus und gründeten unter Leitung von Hans Osel, dem Präsidenten der Skilehrer, und Rudi Mair, der für die Skilehrerausbildung verant­wortlich war, einen eigenen Fachverband unter dem Dach des DSLV (BV). Ihnen folgten die Fußball-und Tennislehrer und 1988 die Eislauf-und Schwimmlehrer. Infolge dieser Entwicklungen ist nicht zu verkennen, dass es unbedingt nötig ist, neue Mitglieder zu gewinnen. Zu den Schwierigkeiten in dieser Hinsicht trug sicher­lich auch die langjährige desolate Anstellungssituation für junge Sportlehrkräfte und die Kürzung des Sportunterrichts (Kienbaum) bei.

Bei seiner Arbeit wird der Vorstand, das Präsidium des DSLV -LV Bayern insbesondere durch die Geschäftsstelle unterstützt. Sie wurde viele Jahre äußerst engagiert von Annemarie Winkler geleitet. Auch unter ihren Nachfolgerinnen, ihrer Tochter Eva Faust sowie Frau Elfriede Bauer, wird die Arbeit Annemarie Winklers in bewährter Weise fortgesetzt. Inhaltlicher Schwerpunkt unseres Verbands sind seit über 30 Jahren die Fortbildungslehrgänge, die seinerzeit von Karl Bauer initiiert wurden. Er war bereits 1968 bei Fortbildungslehrgängen im Landesverband eingesetzt. Trotz des wachsenden Kostendrucks wird durch die Mitglieder des Präsidiums versucht, jedes Jahr ein attraktives Programm zusammenzustellen und damit den Mitgliedern umfassende Möglichkeiten zur Fort-und Weiterbildung zu geben. Ein weiterer Schwerpunkt ist in den letzten Jahren die Vertretung standespolitischer Anliegen. Es gilt, den Abbau des Sportunterrichts an bayerischen Schulen zu stoppen. Der Landesverband konnte zumindest kleinere Erfolge verbuchen, ein wirklicher Durchbruch lässt leider noch auf sich warten.

Als erfreulich kann die Zusammenarbeit unseres Verbands mit anderen Verbänden und Institutionen bezeichnet werden. Hervorzuheben sind die Kontakte zum DSLV (Bundesverband), zum DOSB, zum BLSV, zur dvs (deutscher Verband der Sportwissenschaftler), zum bayerischen STMUK und zur Landes­ steile für den Schulsport, zu den Sportzentren und den Sportreferaten der Landeshauptstadt München und anderer Städte Bayerns. Äußeres Zeichen des verbandsübergreifenden Engagements ist auch die Mitarbeit an der Organisation und Durchführung der in Bayern abgehaltenen ADL-bzw. DSLV -Kongresse und Hauptvorstandssitzungen.

Zum Schluss ist zur Situation unseres Landesverbands noch anzu­merken, dass die Mitgliederentwicklung Anlass zur Sorge gibt. Dem altersbedingten Sinken der Zahl beitragspflichtiger Mitglieder steht nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Neueintritten gegenüber, und dies trotz verstärkter Anstrengungen der Präsidiumsmitglieder.

Wegen des Eintritts in den Ruhestand und den damit verbundenen Austritten, aber auch wegen einer gewissen Zurückhaltung junger Menschen, einem Verein oder Verband beizutreten, stagniert die Mitgliederzahl seit einigen Jahren.

Das Fortbildungsangebot und unser Engagement für den Schulsport, auch im Zusammenhang mit den Arbeitsbedingungen für Sportlehrkräfte, sollten besonders dazu beitragen, einen Beitritt zum DSLV -LV Bayern in Erwägung zu ziehen. Hiergibt es noch viel zu tun. Alt und Jung müssten im Interesse der Anliegen des DSLV­ LV Bayern gemeinsam auftreten, um Probleme und Schwierigkeiten zu meistern. Nur ein zahlenmäßig ins Gewicht fallender Verband kann bei der Durchsetzung seiner Vorstellungen im Sportunterricht und Schulsport Erfolg haben und eine qualitativ gute und attraktive Fortbildungsarbeit finanziell ermöglichen.

Karl Bauer, Präsidium des OSL V -LV Bayern
(Quelle: DSLV, LV Bayern, Heft 2008)

 

Der langjährige Präsident des DSLV Bayern e.V. hat die Inhalte dieses Artikels mühsam recherchiert und im DSLV Magazin im Juni 2008 veröffentlicht. Der Artikel steht hier als PDF im Original zum Download.

Teil II:

Eine Ergänzung zur Historie

Text: Rochus Reiter

In den News vom Juli 2008 ist ein geschichtlicher Rückblick von Karl Bauer zu finden. Mit seinem Beitrag „60 Jahre DSLV-LV Bayern“ orientierte er sich dabei an früher erschienenen Ausführungen von Dr. Klaus Gladiator. Ergänzend zu beiden Veröffentlichungen nun ein Blick über Bayerns Grenzen hinaus, wobei das Format der News nur eine Kurzfassung gebietet.

Kurz oder ausführlich – die Geschichte lässt uns eintauchen in verwirrend viele Gründungen, Existenzen, Kooperationen, Namensänderungen, Auflösungen von Interessensverbänden für Lehrer mit den unterschiedlichsten Sport-Ausbildungsgängen: Mehr als einhundert Jahre liegen die Versuche von Sportlehrkräften in Deutschland zurück, sich in verbandsähnlichen Gruppierungen zu organisieren. Ihr Ziel: Interessen sollten gebündelt, gewahrt und vertreten werden.

Als einer der ersten Versuche ist der 1893 ins Leben gerufene „Allgemeine Deutsche Turnlehrerverein, DTLV“ zu nennen. Es handelte sich um die Zusammenführung regional organisierter Turnlehrer, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts Standespolitik betrieben. Unter anderem in Berlin, Darmstadt, Dresden. Hierzu zählte auch der in Breslau 1880 begründete Turnlehrerinnenverein. Der DTLV löste sich in den 1930er Jahren selbst auf.

Unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg wurde in Berlin 1918 der „Verband Deutscher Sportlehrer, VDS“ gegründet: Ein Sammelbecken für Sportlehrer im außerschulischen Bereich. Seit damals existiert das Sportlehrer-Abzeichen mit der aufgehenden Sonne. Zumindest seit 1927 gab es im VDS eine L a n d e s g r u p p e B a y e r n.

Acht Jahre nach Kriegsende, 1926, begründeten die Absolventen der Deutschen Hochschule für Leibesübungen, Berlin, den „Verband Deutscher Diplom- Turn- und Sportlehrer“.

Ende der 1920er Jahre gibt es in Deutschland erneut eine Vielzahl von (Sport/Turnlehrer-) Berufsorganisationen. Um eine Zersplitterung zu vermeiden, wird 1929 die Gründung des „Reichsverbandes der staatlich geprüften Turnlehrer und Turnlehrerinnen“ beschlossen.
Diesem Verband gehört auch der Verein der Fachturnlehrer an den höheren Schulen Bayerns an, sowie die Vereinigung der Berufsskilehrer Bayerns.

1933 werden schließlich alle einschlägigen Lehrerverbände zusammengefasst. Es kommt zur Gründung des „Reichsverband Deutscher Turn-, Sport- und Gymnastiklehrer“.

Gleich nach dem 2. Weltkrieg beginnt die Neuorientierung: Im Oktober 1947 wird der Bayerische Sportlehrerverband ins Leben gerufen.

Dann folgt 1949 die Gründung des „Bund Deutscher Leibeserzieher, BDL“.
Da der Deutsche Philologenverband mit der Politik des BDL nicht in allen Bereichen einverstanden war, entstand 1953 der „Verband Deutscher Leibeserzieher an den höheren Schulen, VDL“.
Maßgeblich beteiligt war hier auf VDL-Seite Dr. Bach, ab 1962 Vorsitzender des Landesverbandes Bayern.

Diese beiden Verbände – BDL und VDL – vereinigten sich dann 1962 zum „Bundesverband Deutscher Leibeserzieher, BVDL“ (Übereinkunft von Göttingen am 05.10.1961).
Dem Präsidium des BVDL gehörte aus bayerischer Sicht der Vorsitzende der Fachgruppe Skilehrer im Landesverband Bayern, Hans Osel, an. Osel vertrat Sportlehrer, die freiberuflich tätig waren, bis 1971.
Der Bayerische Sportlehrerverband ging im BVDL auf und wurde zum Landesverband Bayern im BVDL. Seine Vorsitzenden waren ab 1962 Dr. Bach und ab 1972 Rudi Mair.
Nach Umbenennung zum DSLV 1973 Karl Bauer, ab 2012 Barbara Roth.

Aus dem Bundesverband Deutscher Leibeserzieher (BVDL) wurde 1973 durch Namensänderung Deutscher Sportlehrerverband (DSLV).
Dem Präsidium des DSLV gehörte aus bayerischer Sicht Rochus Reiter, von 1972 bis 1995 an. Zuständig für alle Fachsportlehrer (Fußballlehrer, Skilehrer, Fechtlehrer u.ä.) und Sportlehrer, die ihren Job nicht an Schulen leisteten.

Trotz DSL hat sich die eingangs erwähnte Vielzahl von Organisationen, die sich die fachliche oder berufsständische Vertretung von Sport-Lehrkräften auf die Fahne geschrieben haben bis heute nicht gelichtet. Dies ist der föderalistischen Struktur in unserer Republik, der Kulturhoheit der Länder aber auch dem Egoismus einzelner (Sportlehrer-) Verbände geschuldet.
Und das bedeutet zum Nachteil der Sportlehrerschaft: Gebremste politische Schlagkraft.

(Rochus Reiter)

 

Quellen:

  • Beyer E., Der lange Weg von Turnlehrervereinen zum Deutschen Sportlehrerverband,
    in: Zeitschrift Sportunterricht, Schorndorf Mai 1989
  • Bauer K., 60 Jahre DSLV-LV Bayern, in: DSLV-News, Grünwald Juli 2008
  • Reiter R., Stündl H., 10 Jahre Deutscher Sportlehrerverband, Anlage zur Zeitschrift Sportunterricht, Schorndorf 1983
    Verband Deutscher Sportlehrer, Zur Zehn-Jahr-Feier, in: Sportlehrer-Jahrbuch, Berlin 1929

 

Unser langjähriges Mitglied Rochus Reiter hat sich die Mühe gemacht und die Entwicklung  der Sportlehrerverbände recherchiert in diesem interessanten Artikel dargestellt. Dieser Beitrag ist in unserem Heft im Juni 2015 erschienen und steht hier online  zum Download: Historie der Sportlehrerverbände