Toleranz und Freiheit versus Ignoranz und Feigheit im Sport

Es gehört nicht viel Kaffeesatz dazu, um daraus zu lesen, dass sich die Herkunft des das Jahr 2016 bestimmende Element den Sportunterricht an bayerischen Schulen betreffend eindeutig zuordnen lässt: Es kommt aus Syrien, Afrika oder sonst wo, wird Flüchtling genannt und belegt in der öffentlichen Wahrnehmung viele der wenigen Schulsporthallen in Bayern. Keiner nimmt aber wahr, dass schon lange vor Ankunft des ersten Flüchtlings jede weitere Reduzierung im Bayerischen Schulsport eher die Bezeichnung „Abschaffung“ verdient hätte.

Die Folgen vor allem für Kinder und Jugendliche – egal, wo sie herkommen, leben oder untergebracht sein – lassen sich jetzt schon präzise beschreiben. Alle Untersuchungen zeigen, dass eine kompetente Sporterziehung positive Folgen hat, die weit über die individuelle, körperliche „Form“ hinausgehen, und vielfältige positive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft nach sich ziehen. Sport ist einer der wichtigsten Schlüssel für eine gelingende Integration in unsere liberale Gesellschaft, dazu muss man nicht einmal Ausländer oder Flüchtling sein: Sport funktioniert für alle, auch für die Integration der (evangelischen) Franken ins (katholische) Niederbayern, auch non-verbal und kann somit Menschen aus aller Herren Länder verbinden – unabhängig von Religion, politischer Überzeugung und Muttersprache.
Und insofern ist auch das Verhalten dieses niederländischen Fussballprofis Nacer Barazite untragbar, der es vor laufender Kamera ablehnte einer Reporterin – weil Frau – die Hand zu geben, dafür gab er religiöse Gründe an. Nacer Barazite ist einerseits Absahner eines medial perfekt aufbereiteten Zirkus, der Millionen über sein Erscheinen in Sendungen der öffentlich rechtlichen Medien einsackt und als Werbeträger wahrscheinlich locker auch gegen das so gern bei der Schlachtung von Karikaturisten zitierte Abbildungsverbots ohne jegliche Gewissensbisse verstossen würde, wenn es seinen Reichtum fördere, und wahrscheinlich auch sein ganzes Geld nicht Islam-konform vermehrt, andererseits aber aus angeblich denselben Religionsgründen Frauen in öffentlichen Zusammenhängen den Handschlag verweigert.

Solche Typen sind die wirklichen Totengräber des fröhlichen und weltoffenen Sports, der Menschen zusammen bringt und das faire Miteinander fördert. Das sind die Totengräber des Sports, für den man Kinder möglichst früh begeistern sollte. Aber nicht nur das, sondern er tritt im wahrsten Sinne des Wortes die Werte einer offenen Gesellschaft mit Füssen. Religionsausübung hat Privatsache zu sein. In seinem Wohnzimmer kann dieser Treter von mir aus ein halbes Dutzend in zivilisierten Regionen Frauen genannte Fortpflanzungs- und Haushaltsroboter haben – solange die selber damit einverstanden sind UND solange es nicht gegen staatliche Gesetze verstößt. In dem Augenblick aber, wo er seine vier Wände verlässt, gilt weltliches Gesetz und säkulare Regeln – selbst wenn er dem Trikot des Lieblings-Club oder der Lieblings-Nationalität zum Sieg verhilft: Er hat sich im öffentlichen Raum an die Standards der Säkularität zu halten und an Recht und Gesetz, wie zum Beispiel an das Grundgesetz oder das UN-Menschenrechtsabkommen. Ganz nebenbei hat nicht nur diese niederländische Gebetsmühle ja scheinbar auch kein Problem damit, vor Werbetafeln seinen Senf zu äußern, selbst wenn seine Privat-Sponsoren in direkter Konkurrenz zu den Firmen auf der Werbetafel stehen – da begeht er ja auch gewissermaßen eine Sünde.

Gerne wird derartiger Unsinn mit dem Wörtchen „Toleranz“ bedeckt. Nur: Die Duldung derartigen Verhaltens hat nicht das geringste mit Toleranz zu tun. Das ist ein Mittelding zwischen Feigheit und Ignoranz. In dieser Art definierte „Toleranz“ heisst nichts anderes, als dass man mit einer anderen Anschauung eigentlich nichts zu tun haben will. Man scheut die Auseinandersetzung, verweigert den Werten unserer aufgeklärten(!) Gesellschaft damit die Gültigkeit. Das ist die Ignoranz dabei.
Aber diese Münze hat auch noch eine zweite Seite. Denn zugleich heisst dies ja auch, dass ich durch die Duldung derartiger Verhaltensweisen im Gegenzug ja auch verlange, dass meine eigenen Verhaltensweisen keiner Kritik ausgesetzt werden: „Ich will nicht, dass sich wer mit mir kritisch auseinandersetzt!“. Das heisst aber auch, dass ich damit nicht nur jegliche kritische Diskussion verweigere, sondern vielmehr jegliche Weiterentwicklung unserer Gesellschaft.

Und das ist Feigheit.

Georg Wrobel, DSLV NEWS I/2016

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