Schulsporttaugliche Brillen für alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen – das Positionspapier des DSLV e.V.

Bildnachweis: © DSLV Bayern e.V.

Brille im Sportunterricht – Wie ist die Ausgangslage?

Der grundsätzliche Zusammenhang zwischen gutem Sehen und sicherem, erfolgreichem Sporttreiben sowie der motorischen und geistigen Leistungsentwicklung ist durch viele Studien belegt. Sehtests der Ruhr-Universität Bochum (RUB){i} sowie „Motoriktests“ zu den motorischen Dimensionen Schnelligkeit, Kraft, Koordination, Beweglichkeit und Ausdauer im Sportunterricht mit über 1200 Schulkindern zeigen, dass jeder vierte Schüler „fehlsichtig“ ohne eine angemessene Sehhilfe am Schulsport teilnimmt. Schülerinnen und Schüler mit „Fehlsichtigkeit“ erreichen im „Motoriktest“ signifikant schlechtere Gesamtergebnisse als Normalsichtige oder optimal korrigierte Fehlsichtige. Besonders große Unterschiede bestehen im Bereich der koordinativen Leistungsfähigkeit, also z.B. beim „Balancieren rückwärts“. Schlechtes Sehen kann auch Grund für Sportunfälle und Sportverletzungen sein.

Beim Schulsport ereignen sich pro Jahr rund 12.600 Augenverletzungen in Deutschland, gemäß dem Kuratorium gutes Sehen e.V.{ii} und dem Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung{iii}. Ca. 10 Prozent aller Augenverletzungen im Sport führen zu Erblindungen{iv}. Die Schutzfunktion von qualitativen Sportbrillen bewahrt vor häufigen Augenverletzungen beim Sport, wie Prellungen, Zerreißungen oder Weichteilabscherungen{v}.

Die – oft auch von Lehrern tolerierte – Verwendung von „Alltagsbrillen“ im Sportunterricht stellt eine häufig unterschätzte Gefahr dar. Alltagsbrillen können schon aufgrund der verwendeten Materialien (z.B. Metall, keine bruchsicheren Kunststoffe) mitunter zu Augen- und Gesichtsverletzungen beim Sport führen. Manchmal geben Eltern ihr Einverständnis, dass ihr Kind die Alltagsbrille beim Schulsport verwenden darf und versuchen damit die Verantwortung im Schadensfall zu übernehmen. Dies ist aber laut Unfallkassen nicht wirksam, weil eine Haftungsablösung für einen Schulsport-Unfall durch die Erziehungsberechtigten nicht möglich ist. Vielmehr bleiben per Gesetz die Unfallkassen leistungspflichtig. Somit verletzt das Tragen der Alltagsbrille im Sportunterricht die Sorgfaltspflicht der Lehrer, das Gebot der Vorsorge vor Unfällen und die Garantenpflicht. Auch ein Hinweis (durch die/den Sportlehrer/in) auf die durch das Tragen einer Alltagsbrille beim Sport entstehenden Gefahren ändert nichts an der Rechtslage.

Schulsporttaugliche Brillen erfüllen für fehlsichtige Kinder und Jugendliche also verschiedene Aufgaben: Sie ermöglichen scharfes Sehen und fördern dadurch die sportliche Entwicklung und Teilhabe, helfen Unfälle und Verletzungen durch schlechtes Sehen zu vermeiden und schützen durch ihre besondere Beschaffenheit die Augen vor Schäden beim Sport.

 

Eine sporttaugliche Brille ist aufgrund dieser Sachlage zwingend!

Um Unfälle zu vermeiden, sowie Teilhabegerechtigkeit und Chancengleichheit herzustellen, brauchen fehlsichtige Kinder sporttaugliche Brillen. Diese Brillen sind ein elementarer Nachteilsausgleich und unersetzliche Notwendigkeit für die Erfüllung der staatlichen Schulpflicht und der Pflicht zur Teilnahme am Sportunterricht.

Trotzdem übernehmen die Krankenversicherungen die Kosten für zertifizierte schulsporttaugliche Brillengestelle nur zum Teil oder gar nicht. In der Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung wird nur von „Kunststoffgläsern“{vi} gesprochen; leider werden hier nicht die wirklich geeigneten und zertifizierten Materialien genannt{vii}.

Die qualitative Sportbrille fördert nicht nur die Sicherheit, Teilhabegerechtigkeit, sportliche Leistung, Spaß an der Bewegung und Lebensfreude. Es ist auch hinlänglich bekannt, dass „Schulleistungen durch Beeinträchtigungen im Bereich der Sinnesleistungen negativ beeinflusst werden.“{viii} Zudem eröffnet die qualitative Schulsportbrille auch pädagogische Chancen, die es sich lohnt anzunehmen. Kinder können bei der Diskussion über qualitative Sportbrillen lernen, Unterschiede und Vielfalt anzunehmen. Sie erfahren, dass Sicherheit und Leistung zusammengehören. Sie erleben dabei auch, dass es wichtig ist, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen. Außerdem bietet das Thema Sportbrille eine der vielen Gelegenheiten um zu vermitteln, dass jeder Mensch individuell schön ist – mit und ohne Brille.

In diesem Zusammenhang fordert der Deutsche Sportlehrerverband:

  1. Die Bundesregierung / die Bundestagsabgeordneten werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass für alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen eine sporttaugliche Brille komplett, gemäß Hilfsmittel-Richtlinie, als Hilfsmittel für die Schule eingestuft wird.
  2. Die Landesregierungen werden aufgefordert, begleitend kommunikative Maßnahmen insbesondere in Schulen durchzuführen, damit schulsporttaugliche Brillen getragen werden und die Bedeutung von gutem Sehen und Sicherheit für die Augen im Sport erkannt werden.

 


Hier finden Sie unsere Position zum Thema „Sportbrille in der Schule“ zum Download


i https://www.sicherheitimsport.de/projekte/gutes-sehen-und-sicherheit-im-schul-und-vereinssport/ (download: 2016_12_10)
ii Sportbrille für Kinder (Schulsportbrille)  (download: 2016_12_1
iii DGUV 2011: Augenverletzungen im Schulsport 2011, Statistik, Makrodaten, Schülerunfälle (statistik@dguv.de)
iv Schnell, D. (2000). Sport und Auge: Augenverletzungen durch Sport und Sport als Therapie bei Augenkrankheiten. Deutsches Ärzteblatt, 97 (41), A 2712-2716.
v DGUV 2011: häufige Verletzungsarten 1997-2011
vi Hilfsmittel-Richtlinie/HilfsM-RL § 14 (3) b), https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1143/HilfsM-RL_2015-12-17_iK-2016-03-24.pdf (2016_12_10)
vii Jendrusch, G., Schnell, D. & Katlun, T. (2013). „Gutes Sehen in Schule und Schulsport“: Brillen wissenschaftlich auf Schulsporttauglichkeit getestet. Der Augenarzt, 47(5), 209-211. (2016_12_10) und: Jendrusch, G., Schnell, D. & Katlun, T. (2016). RUB-Schulsportbrillentest 2016: Aktuelle Empfehlungen. Der Augenarzt, 50(2), 89-93.
viii Gernot Jendrusch, Dieter Schnell und Thomas Katlun: Der richtige „Durchblick“ im Schulsport (2016_12_10)

 

1 Comment

  1. Katja Hopf sagt:

    Hallo,

    was ist aus Eurer Forderung `´ (siehe unten)

    > In diesem Zusammenhang fordert der Deutsche Sportlehrerverband:
    > 1.Die Bundesregierung / die Bundestagsabgeordneten werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass für alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen eine sporttaugliche Brille komplett, gemäß Hilfsmittel-> Richtlinie, als Hilfsmittel für die Schule eingestuft wird.

    heraus gekommen?

    Unsere Tochter trägt im Sport auch eine Sportbrille, aber wie alle Kinder ist Sie im Wachstum und benötigt alle 1-2 Jahre eine neue Brille, die wir als Eltern für die Kosten selbst tragen müssen, da die Krankenkassen nicht übernehmen.

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